Erklärung zur Baumbesetzung bei den Tu Mal Wat Tagen

(english below)

Ich glaube es ist schwer zu verstehen, wieso Menschen bestimmte Dinge machen, die gesamtgesellschaftlich als anormal angesehen werden. Wieso besetzen Jugendliche Häuser, wieso malen Graffiti Künstler:innen Wände an, wieso gehen Menschen auf die Straße um zu demonstrieren.
Wir haben alle Probleme mit denen wir umgehen müssen. Bei manchen sind sie größer und bei anderen kleiner. Manche von uns haben Probleme mit sich oder mit der Akzeptanz ihrer Selbst von der Gesellschaft aus, sei es wegen Sexualität, Geschlechtsidentität oder Hautfarbe, oder sie haben Probleme mit ihren Eltern. Wo existiert der Raum in die sich Menschen, denen aufgrund ihres Alters ihre Mündigkeit abgesprochen wird zurückziehen können? Pädagogisch organisierte Jugendeinrichtungen, Schüler:innenläden, oder am Ende das Amt? Wie fühlt es sich an immer abhängig zu sein von Erwachsenen, und nicht immer aber meistens nicht ernst genommen zu werden.
Ich bin der festen Überzeugung, dass all unser Handeln von der reinen Solidarität für einander bestimmt werden soll. Und ich möchte den Menschen, die sich zuhause oder auf der Straße, in der U-Bahn oder in der Schule nicht wohl fühlen, einen Ort zur Verfügung stellen können, an dem sie sich geborgen fühlen können. Ich möchte, dass vorallem Junge Menschen, Kinder und Jugendliche einen Ort haben, von dem sie wissen, dass sie jederzeit aufkreuzen können, wenn es ihnen schlecht geht, wenn sie stress mit den Eltern, oder Lehrer:Innen haben. Dass sie jederzeit die Gewissheit haben, dass irgendwer da sein wird und dass es keine Erwachsenen sind die da sind, sondern menschen die dir auf Augenhöhe begegnen, sowie es der Fall in der Potse für mich jahrelang war. Die Potse hat mir Kraft gegeben, den Alltag und die Schule und vorallem unangenehme Mitschüler:innen zu vergessen.
Jugendlichen werden ihre Räume der kreativen Entfaltung genommen, seit Jahren gibt es ein Schwinden der Hausprojekte, von der Friedel54, zum Drugstore oder der Liebig34. Es waren Schutz und Rückzugsräume, die nicht jedem gefallen haben, aber für viele wichtig waren, dem Druck einer Gesellschaft in die mensch nicht reinpasst zu entfliehen. Wir brauchen Platz.
Ich glaube anhand von diesem Prozess können wir sehen, wie lächerlich viel Mühe sich der Staatsapparat gibt um rebellischen Jugendlichen Angst zu machen. Die Logik endet aber in einer Schlaufe, den der Grund wieso wir rebellisch sein müssen ist der ständige Entzug von Mündigkeit, Infrastruktur und damit auch ein gesellschaftliches Vertrauen darin, dass uns nie freiwillig das gegeben wird was wir brauchen. Das Gegenteil passiert und dementsprechend werden wir uns nicht einschüchtern lassen, sondern weiterhin dafür kämpfen, dass wir undogmatische Räume haben, in denen wir uns frei entfalten, sowie aber auch zurückziehen können, unabhängig von der Hegemonie einer abgestumpften, vereinheitlichten Gesellschaft.

—-

I think it is difficult to understand people’s reasons to perform actions which are viewed as abnormal by large parts of society. Why are adolescents occupying houses? Why are grafitti-artist painting walls? Why are people protesting in the streets?

Everyone has problems they have to deal with. For some, these problems seem bigger, for others they seem smaller. Some of us struggle with themselves or with the acceptance of their selves by society, be it because of sexuality, genderidentity or skincolor, or they face problems within their families. But where is the refuge for these people, people considered immature and discriminated because of their age? Is it supposed to be educationally organized youth facilities or even the youth welfare office? How does it feel to constantly be dependent on adults, but not being taken seriously by them most of the time?

I strongly believe, that all our actions should be determined by pure solidarity for one another. And I want all the people who cannot feel save at home, in the streets, on the subway, or in school to have a place to feel secure and welcomed. I want children and adolescents in particular to have a haven they know they can always come back to, whenever they feel down or have conflicts with parents or teachers. I want them to be certain, that somebody will be there for them, and that this somebody isn’t an adult but rather someone to talk to at eye level, just as it has been for me in the youth-center Potse. Potse has given me the strength I needed to overcome everyday life, school and most importantly the unpleasant experiences with other students.

Adolescents are being robbed of their creative safe-spaces, for years now there has been a decline in house projects like Friedel54, Drugstore or Liebig34. Those houses were refuges which, although not liked by everybody, were of great importance to many people trying to escape a society in which they couldn’t fit. We need space.

With this very trial the ridiculous efforts of the state to scare a rebellious adolescent become evident. But this logic ends in a loop: The reason to be rebellious is the constant denial of our maturity, our infrastructure and with that a social trust that they will never give us what we need willingly. What happens is the oppositeand thus we will not let ourselves be discouraged; instead we will keep on fighting for undogmatic spaces, in which we can blossom freely but also find refuge independently of the hegemony of a numb, standardised society.

Dem Überwachungsstaat den Kampf ansagen!

Jugendaufruf zur Demo gegen den Europäischen Polizeikongress 2020
 

Ihr macht Racial Profiling? Wer profilt rechte Polizeigewalt?

Stell Dir vor, du gehst mit Deinen Freund*innen die Straße entlang und Sie mustern Dich als erstes. Genau du wirst öfter kontrolliert, ob du Drogen dabei hast. Weil Du die Person of Color bist, weil Du damit ins Raster passt.   

Du chillst mit Deinen Freund*innen an einem See in Westberlin. Die Polizei erteilt Euch einen Platzverweis. Ihr versteht nicht wieso. Deine Freund*innen bestehen auf Ihr Recht, dass die Polizei Euch schriftlich aushändigt, wozu Sie Euch auffordert. Ein Polizist sagt daraufhin zu Dir „Okay, dann stell Du Dich eben an den Baum!“ Du fragst „Ey wieso?“. Er sagt dass Du einfach tun sollst, was er sagt, „nicht fragen“. Deine Personalien werden kontrolliert. Du fragst sie, ob ihnen das Spaß macht, so entwürdigend mit Dir umzugehen. Der Beamte: „Willst Du auf irgendetwas hindeuten? Wenn Du uns wegen irgendwas anzeigst, kriegst Du eine wegen Verleumdung zurück!“ Das ist Dein Alltag. Am Anfang fragst Du immer noch wieso. Irgendwann hast Du keine Kraft mehr.
 
Wenigstens gegen die Nazis willst Du Dich wehren. Gegen die, die alles noch schlimmer machen als jetzt schon mit der Polizei. Mit 50 anderen jungen und alten Menschen blockierst Du einen Naziaufmarsch. Du schaffst es, „Nein!“ zu rufen, als Du aufgefordert wirst aufzustehen. Du wirst mit  Schmerzgriffen nach draußen gezogen, viele andere nicht. Irgendwann lassen sie los. Du versuchst Dich zu erholen, da kommt wieder ein Polizist durch die ganze Menge hindurch. Genau zu Dir. Die Blockade ist ganz woanders, aber er springt einfach auf Dich drauf, drückt Deinen Kopf auf den Asphalt. Wieder Schmerzgriffe. Dir kommen die Tränen.  „Du  bist verhaftet.“, ruft er. Du bist wütend und schreist:  „Wieso?!“ Er ruft: „Widerstand gegen die Staatsgewalt, Verstoß gegen das Versammlungsgesetz.“
 
Jedes Mal, wenn Du jetzt eine Streife auf der Straße siehst, bekommst Du Angst. Nichts mehr mit Freund*in oder Helfer*in. Hört sich das nicht an, wie die Zeitungsberichte über rassistische Polizeigewalt in den USA oder von sonstwo? Das Ganze ist einem 17 jährigen Schüler in Berlin passiert und das ist bei weitem kein Einzelfall. 
 
Bündnisse wie die “KOP – Kampagne für Opfer rassistisicher Polizeigewalt” schreiben seit langem, dass wir, die  Bevölkerung, dem institutionellem Rassismus auf verschiedenen Ebenen entgegentreten und damit den rassistischen Normalzustand durchbrechen müssen. Warum sollte das z.B. auch die Polizei machen, die die Ermittlungen selbst führt und bei der Ermittlung gegen die Kolleg*innen subjektiv vorgeht.
 
Neue „Polizeiaufgabengesetze (PAG),  welche in den einzelnen Bundesländern nach und nach durchgesetzt wurden, geben der Polizei noch mehr Rechte. Übergriffe werden darin mit „akuter drohender Gefahr“ legitimiert. Für das CSU-geführte Innenministerium, ist das Bayerische PAG „Mustergesetz“. Danach darf die Polizei Dich für unbestimmte Zeit in Gewahrsam nehmen, Deine privaten Kommunikationsverbindungen (also z.B. Whatsapp, Telefonate, SMS) abhören, speichern, verändern oder löschen und das ohne ein richterliches Urteil. Die Grenze zum Überwachungs- und Polizeistaat wird immer schmaler und schmaler. Der in Berlin stattfindende Polizeikongress (04-05.02) steht repräsentativ für alle Verschärfungen des Polizeirechts, für Repression und für alltägliche Polizeigewalt. Wir lassen uns nicht den Mund verbieten!  Wir lassen uns das Recht auf politischen Aktionismus nicht nehmen!  Wir lassen uns von euch nicht einschüchtern!
 
Lasst uns deshalb zusammen und entschlossen am 31.01. um 19:00 am Richardplatz in Neukölln gegen diese Zustände am Wochenende vor dem Kongress auf die Straße gehen.
 
Kommt zur Demo! // Fr, 31.01. um 19:00 am Richardplatz. Danach, ca. 22:00 kalte und warme Getränke in der „Katerschmiede“ Rigaer Straße 94.
Kommt zum Gegenkongress! // Sa, 1.2. und So, 2.2.
 
United we stand, Together they fall!